Tempelberg – Steinkistengrab

Landkreis Oder-Spree

Um eine Holzbrücke über einen Abflussgraben gegen eine solidere Konstruktion auszutauschen, suchten Arbeiter im Jahr 1871 nach passenden Steinen. Dabei entdeckten sie im Forst zwischen den Dörfern Tempelberg und Steinhöfel südlich von Müncheberg eine Steinplatte, die nur leicht über das den Waldboden bedeckende Moos hinausragte. Nachdem sie die Platte ausgegra­ben hatten, bemerkten die Männer, dass diese bisher als Abdeckung einer mit Sand, Lehm und Stei­nen gefüllten Grube gedient hatte, deren Seitenwände aufrecht stehende schmale weitere Platten bildeten – Unzweifelhaft ein künstliches Gebilde. Sollten sich hier Schätze verbergen? Würden diese ihre Finder zu reichen Männern machen, die es nicht mehr nötig hätten, mühsam Brücken über Gräben zu bauen?
Und so gingen sie ans Werk: Steine für die Brücke und Schätze für ein erträumtes sorgenfrei­es Leben.

grundriss_tempelberg_kak

Mittelbraun     tiefgründige Störung
Heller-Braun     flache Störung
Hellbraun     ungestörter Eingangsbereich

Grundriss und Seitenansicht des Steinkistengrabs von Tempelberg. Umzeichnung nach F. Wilke, Eine Steinkiste der Kugelamphorenkultur im Tempelberger Forst, Kr. Fürstenwalde. In: Bodenfunde und Heimatforschung 16, 1987, 20-24.

Die Kunde von dem Fund gelangte nach Müncheberg. Dort gab es einen der damals überall entstehenden Heimatvereine. Dessen Gründer H. Ahrends und Apotheker Reichert brachen zum Fundort auf. Dort eingetroffen mussten die engagierten Freizeitforscher feststellen, dass die Arbeiter schon große Teile des Grabes durchwühlt hatten. So blieb ihnen nichts übrig als diese und den ebenfalls anwesenden Förster zu befragen und das noch Vorhandene zu sichten.
Immerhin gelang es so eine ganze Reihe menschlicher Knochen, einen Schweinezahn und das Bruchstück eines Schleifsteins zu sichern und nach Müncheberg zu bringen. Interessant war, was man über die Lage der Skelettreste erfuhr. So befanden sich Schädel, Wirbel, Rippen, Arm- und Becken­knochen mehr oder weniger an der Nordwand, während Bein- und Fußknochen in Richtung Süden lagen. Das legte den Schluss nahe, man habe die Toten, wohl wenigstens 6 Individuen, in sitzender Stellung nebeneinander mit Blick nach Süden beerdigt hatte.
Auch Rudolf Virchow, einer der Pioniere der Prähistorischen Archäologie in Deutschland, erhielt Kenntnis von der Entdeckung und erkannte sofort ihre herausragende Bedeutung. Immerhin handel­te es sich um das erste bekannte Grab dieser Art in Brandenburg.

Steinkistengrab Tempelberg: Blick von der Ostseite, dem wahrscheinlichen Zugang
Steinkistengrab Tempelberg: Blick von der Ostseite, dem wahrscheinlichen Zugang

Das schützte die Funde nicht davor, im Verlauf der Wirren des letzten Krieges verloren zu gehen. Selbst der Ort des Grabes geriet in Vergessenheit. Erst 1984 wurde die Fundstelle wiederentdeckt, so dass 1986 dort Grabungen stattfinden konnten. Dabei waren die durch die schatzsuchenden Arbeiter verursachten Störungen offensichtlich. Bis 40 cm unter die Unterkanten der seitlichen Steine hatten diese sich – natürlich ohne auf die erträumten Reichtümer zu stoßen – vorgearbeitet. Verschont blieb allerdings eine fast rechteckige Grube am Ostende der Steinkiste über die der Zugang zum Grab erfolgt sein dürfte. Aus deren Verfüllung konnten die Archäologen so 147 Feuersteinabschläge und 510 kleine Gefäßscherben, die zur Keramik der Kugelamphorenkultur gehören, bergen. Ein deutlicher Hinweis darauf, dass wohl hier am wahrscheinlichen Eingang zum Grab kultische Handlungen vollzogen wurden. Auffallend war auch ein etwas versetzter Stein an der Nordostecke. Ähnliche Beobachtun­gen wurden auch schon an anderen Bestattungsplätzen dieser Kultur gemacht.

Kugelamphoren: Die namensgebende Keramik dieser Kultur von verschiedenen Fundplätzen
Kugelamphoren: Die namensgebende Keramik dieser Kultur von verschiedenen Fundplätzen

Bei den Trägern der Kugelamphorenkultur handelt es sich um steinzeitliche Bauern und Hirten deren Aktionsradius sich um das Jahr 3000 v. Chr. von der Westukraine bis nach Niedersachsen erstreckte. Den Namen gaben ihr die Forscher aufgrund der typischen Form der oft bei ihnen gefundenen Gefäße. Kollektivbestattungen in Steinkisten kommen bei ihnen nicht allzu häufig vor. Wobei es durchaus möglich ist, dass viele von diesen Grabanlagen im Laufe der folgenden Jahrtausende zerstört wurden und noch eine ganze Reihe verborgen unter der Oberfläche auf ihre Entdeckung warten. Auf alle Fälle haben wir es hier mit einem äußerst wertvollen Fund zu tun, der uns wertvolle Informationen über die Grabsitten unserer Vorfahren liefert.

nach:

H. Ahrends, Ein Steinkammergrab bei Tempelberg (Mark). Verhandlungen der Berliner Gesellschaft für Anthropologie (=Zeitschrift für Ethnologie 4) 1872, 212-214.

F. Wilke, Eine Steinkiste der Kugelamphorenkultur im Tempelberger Forst, Kr. Fürstenwalde. In: Bodenfunde und Heimatforschung 16, 1987, 20-24

und nah dabei:

Hinweis2

Dorfkirche Eggersdorf
Dorfkirche Hasenfelde
Dorfkirche Heinersdorf
Dorfkirche Steinhöfel
Dorfkirche Tempelberg

Zeitreisen in der Mark Brandenburg und anderswo …