Wollschow – Megalithgräber

Landkreis Uckermark

Grab Nr. 1 mit Hünenbett und Steinkiste

Ein ganzes Ensemble jungsteinzeitlicher Grabanlagen erwartet den Wanderer auf einer langgestreckten sandigen Landzunge im Tal der Randow, einem Flüsschen in der nordöstlichen Uckermark. Kiefernwald bedeckt hier den sandigen Boden. Und genau das war wohl auch Grund für die Wahl des Ortes als Bestattungsplatz und dessen gute Erhaltung. Denn derartige Böden sind bis in die Gegenwart schlecht für landwirtschaftliche Nutzung geeignet.
Lange Zeit dürfte das Gebiet ein beliebter Anlaufpunkt für Stein- und Grabräuber gewesen sein. Wobei Letztere wohl immer ziemliche Enttäuschungen erlebt haben. Denn es heißt nicht umsonst „Stein-“ und nicht „Gold-“ oder „Schatzzeit“. Wobei sich diese Begrifflichkeiten ja gerade erst im 19. Jh. zu etablieren begannen. Die angeführten Räubereien waren in vergangenen Zeiten allgemein üblich und auch nicht strafbar. Tausende Großsteingräber wurden so zu beliebten Steinbrüchen.
Damals war die prähistorische Archäologie gerade erst dabei, sich als ernsthafte Wissenschaft zu etablieren. Laien gruben noch ohne das sie eine Genehmigung brauchten und selbst die frühen Wissenschaftler dokumentierten Funde und besonders Befunde nicht nach den heute selbstverständlichen Normen.
Den Anfang machte da wohl der Bauunternehmer Bresin aus Wollschow. Er räumte um die vorletzte Jahrhundertwende eine ganze Reihe von Gräbern aus und legte sich so eine private Sammlung an. 1903 untersuchte der Archäologe Hugo Schumann dortige Gräber. Ihm verdanken wir die anschauliche Beschreibung eines noch völlig unberührt angetroffenen Grabes in seinem Buch „Die Steinzeitgräber der Uckermark“, erschienen 1904. Auf Seite 59 lesen wir:

„In der Nähe des eben geschilderten Grabes, vielleicht 150-200 Schritte entfernt, lag auf einem mit Kiefern bestandenen Terrain ein flacher Hügel, der etwa 2 m Durchmesser und kaum 1 m Höhe hatte. Ich hatte den Hügel schon vor etwa 15 Jahren untersucht. Der Hügel war vollständig mit Rasen bewachsen und nach Wegnahme desselben war ich auf Rollsteine gekommen. Unter denselben und nur wenig unter Niveau kam die Deckplatte. Das Grab selbst bestand außer der Deckplatte aus vier dünnen, 10-15 cm starken Seitenplatten von gespaltenem, rötlichem Quarzit, die auch nach außen durch Rollsteine gestützt waren. Das Grab war klein, circa 1 m lang und 0,5-0,75 m breit und tief. In derselben lag ein zusammengedrücktes Skelett, wohl liegender Hocker, von dem noch eine Anzahl Knochen vorhanden war. Neben dem Skelett stand ein kleines Henkeltöpfchen, Beigaben fanden sich nicht.“

Schumann stieß also auf ein völlig ungestörtes Grab, dass so, wie er es beschreibt, auch nicht unbedingt von Laien als solches erkennbar war. Sehr wahrscheinlich verbergen unsere Wälder noch einige dieser Bauten unter Jahrtausende alten Ablagerungen.
Auch später gab es eine Reihe von Untersuchungen. So arbeitete der Archäologe Albert Kiekebusch hier in den Jahren 1929/30 und noch kurz vor seinem Tod 1934/35. Auf ihn geht die heutige Nummerierung der Anlagen zurück. In den frühen Siebzigern waren Mitarbeiter des Museums für Ur- und Frühgeschichte Schwerin hier tätig. Beteiligt dabei war auch dessen Direktor, der Prähistoriker Ewald Schuldt.
Hauptsächlich handelt es sich bei den Gräbern, wie insgesamt typisch für die Uckermark um Urdolmen, Blockkammern und Steinkisten. Abgrenzung und Definition sind dabei nicht immer eindeutig. Steinkisten werden aus 4 flachen, bis zur Oberkante im Boden versenkten Steinplatten gebildet, wie z.B. beim sogenannten Walfischgrab. Urdolmen und Blockkammern bestehen aus jeweils 2 seitlichen Trägersteinen und 2 Steinen an den schmaleren Enden. Der Unterschied ist, wie tief die Anlagen im Boden versenkt sind. Ist es mehr als die Hälfte, dann wird von einer Blockkammer gesprochen.

Eine kleine Auswahl:

Grab 1

Hier haben wir es mit dem einzigen erhaltenen sogenannten Hünenbett in Wollschow zu tun. Als Hünen- oder Langbetten werden derartige relativ häufig vorkommende aus Rollsteinen geschafffene Einfassungen von Gräbern bezeichnet. In unserem Fall ist trapezförmig und nordwestlich-südöstlich orientiert. Sie stützte ursprünglich einen Erddamm der wohl, darauf deuten angetroffene größere Steine, eine auf einer Steinpackung beigesetzte Bestattung barg.

In der kleinen Plattenkiste an ihrem Nordwestende traf man auf die Skelette zweier Kinder, Reste eines weiteren Kinderskeletts und dazu noch eine Tasse mit breitem Henkel.

Gräber 3-5

Auffällig liegen die Gräber 3-5 sauber ausgerichtet in einer Reihe. Es ist sehr wahrscheinlich, dass diese Anordnung eine soziale Beziehung der dort Bestatteten widerspiegelt. Leider fehlt hier das Skelettmaterial an dem vielleicht DNA-Untersuchungen vorgenommen werden könnten.

Grab 23

Wir haben es hier mit dem einzigen bekannten erweiterten Dolmen des Wollschower Gräberfeldes zu tun. Er liegt ca. 700 m südlich der Hauptgruppe am nach Woddow abzweigenden Weg. Erweiterter Dolmen, d.h. statt einem bilden hier zwei Tragsteine die Längsseiten. An der Nordostseite findet sich ein Abschlussstein während im Südosten Rollsteine darauf hindeuten, dass sich hier der frühere Zugang befand. Leider wurde das Grab um 1900 vom schon erwähnten Bauunternehmer Bresin ausgeräumt. In den 70er legte E. Schuldt es im Zuge der damaligen Untersuchungen wieder frei.

Grab 34

Seinen Namen „Walfischgrab“ verdankt es der Form des zersprungenen Decksteins. 4 dünne Kalksteinplatten bilden die bis zur Oberkante im Boden eingetiefte Kammer. Ihre Innenmaße betragen 1,5 x 0,7 m. Der Boden besteht aus einer Lehmschicht, die auf eine Schüttung aus Kalksteinen aufgetragen wurde. Untersuchungen, 1929 durchgeführt durch Mitarbeiter des Märkischen Museums Berlin erbrachten ein fast vollständige vergangenes Skelett – wahrscheinlich ein rechter Hocker sowie ein Gefäß mit Henkel und eine querschneidige Pfeilspitze.

nach:

Rainer Schulz, Jäger und Bauern in der Steinzeit. Aus der der Reihe: Entdeckungen entlang der Märkischen Eiszeitstraße 4, 2000.
Eberhard Kirsch, Beiträge zur älteren Trichterbecherkultur in Brandenburg. 1994

 
und nah dabei:

Hinweis2

Slawischer Ringwall Wollschow
Dorfkirche Bagemühl
Dorfkirche Woddow
Dorfkirche Menkin
Brüssow
Steinzeitgräber Brüssow-Hammelstall

Zeitreisen in der Mark Brandenburg und anderswo …