Seddin – „Königsgrab“

Landkreis Prignitz

Der 15. September 1899 war ein großer Tag für die Archäologie nicht nur in Brandenburg oder Deutschland. Schließlich wurde einer der größten bronzezeitlichen Grabhügel Mitteleuropas entdeckt. Gerüchte und Sagen rankten sich schon lange um die Erhebung im Tal des kleinen Flüsschens Stepenitz mitten in der Prignitz. Ein ruhmreicher König der Vorzeit, Hinz genannt, sollte hier seine letzte Ruhestätte gefunden haben. Geborgen in einem dreifachen Sarg aus Kupfer, Silber und Gold lag er da seit Jahrhunderten unter einer meterhohen Schicht aus Sand, Lehm und Steinen. Und gerade diese Steine waren es, der für die Mark so typische eiszeitliche Granit aus Skandinavien, die dazu führten, dass zahlreiche Grabhügel abgetragen wurden und auch fast alle Megalithgräber der Jungsteinzeit spurlos verschwanden. Industrialisierung, Eisenbahn- und Straßenbau, das enorme Wachstum von Städten wie Berlin schrie förmlich nach diesem überall herumliegenden Material. Grabhügel auf seinem Land zu haben war für manchen Bauern ein lukratives Geschäft.

 

So war auch schon gut 1/5 des „Hinzebergs“ abgetragen als am frühen Vormittag des oben genannten Tages zwei Arbeiter aus umliegenden Dörfern hinter einem gerade heraus gewuchteten Stein ein geheimnisvolles dunkles Gewölbe entdeckten. Sicher kannten sie die alten Geschichten und vor ihren staunenden Augen dürften Bilder von einem zukünftigen sorgenfreien Leben in reichlichem Wohlstand erschienen sein. Rasch begannen sie mit einem Spaten die Höhle zu durchwühlen, brachten dabei mit Sicherheit einiges durcheinander und zerstörten anderes. Schließlich beförderten sie 14 Artefakte ans Tageslicht und die Enttäuschung muss groß gewesen sein. Da war kein Gold und kein Silber. Nur tönerne Gefäße und unansehnliche von einer grünen Oxidschicht überzogene Gegenstände.

 

Ob nicht doch noch irgend etwas Wertvolles zum Vorschein gekommen war, dass die Beiden stillschweigend zur Seite brachten, wird für immer verborgen bleiben. Sicher ist nur, dass am folgenden Tag Landrat von Jagow über die Funde informiert wurde. Und noch am gleichen Tag begibt sich dieser, begleitet von einem Pfleger des Märkischen Museums in Berlin und dem Baumeister Hinze – was für ein passender Name – zur Fundstelle. Der Landrat macht alles richtig. Sofort lässt er den Hügel rund um die Uhr von der Polizei sichern und die Funde nach Perleberg in die Wohnung des Pflegers bringen. An der Schwelle zum 20. Jahrhundert versehen Telegraph und Eisenbahn ihre nützlichen Dienste. Eine Nachricht geht nach Berlin an den Begründer und Leiter des Märkischen Museums Ernst Friedel und schon am 20. September ist der in der Prignitz. Erst werden die Funde in Perleberg besichtigt, dann geht es zur Fundstelle aufs Land. Nach 2800 Jahren betreten jetzt wieder Menschen die Grabkammer. Weitere Funde werden sichergestellt, der angetroffene Zustand so gut es geht – und für die damalige Zeit wirklich nicht schlecht – dokumentiert. Und auch die Verantwortlichen der Provinz handeln verantwortungsbewusst. Noch im Dezember 1899 wird der Hügel angekauft. Bald sichert ein Eisengitter die Grabkammer zu der man durch den zusammen mit diesem angelegten, an mykenische Dromoi erinnernden, Gang hinabsteigt. Auf dem Hügel selbst pflanzt man Bäume an. Eine vielleicht nicht so günstige Lösung, da sie sein Erscheinungsbild als herausragendes Monument beeinträchtigt.

und nah dabei:

Hinweis2

Dorfkirche Seddin
Teufelsberg Wolfshagen
Dorfkirche Tacken

Zeitreisen in der Mark Brandenburg und anderswo …