Wittstock/Dosse

Landkreis Ostprignitz-Ruppin

Die mittelalterlichen Jahrhunderte der Wittstocker Stadtgeschichte sind auf das engste mit den Havelberger Bischöfen verbunden und wären ohne diese so gar nicht denkbar. Bereits das erste Erscheinen in den schriftlichen Quellen geht darauf zurück. Denn in der Stiftungsurkunde des Bistums Havelberg von 946 wird Wittstock erstmals erwähnt. Auf einer Urkunde aus dem Jahr 948 erscheint der Platz als wizoka. Dies dürfte sich aus dem Altpolabischen, einer slawischen Sprache, ableiten und soviel wie „hochgelegene Burg“ bedeuten.
Im 10. Jahrhundert hatten deutsche Feudale das Land zwischen Elbe und Oder zeitweilig unter ihre Kontrolle gebracht. Aus slawischen Festen wurden Burgwarde und so auch die Anlage Wizoka, gelegen am Zusammenfluss von Glinze und Dosse. Die Wahl eines solchen Platzes hatte damals seine berechtigten Gründe. Wasserläufe und die durch sie entstandenen feuchten Niederungen bildeten einen wirksamen zusätzlichen Schutz. Dazu waren sie, wie damals die Dosse, nützlicher Verkehrsweg, lieferten das lebensnotwendige Nass und dienten der Abfallentsorgung.

Der erfolgreiche Slawenaufstand von 983 unterbrach für mehr als ein Jahrhundert die Herrschaft der Deutschen. Aber die kamen wieder und blieben. Und so entwickelte sich, wie an vielen anderen Orten auch, im Schutz der Feste eine Siedlung aus Burgmannen, Handwerkern und bald auch Kaufleuten. Denn im Zuge des hochmittelalterlichen Landesausbaus wurden überall neue Dörfer gegründet und die Bauern benötigten natürlich Märkte um dort ihre Überschüsse gegen Produkte einzutauschen, die sie nicht selbst herstellen konnten.
1244 verlegt Bischof Wilhelm die Siedlung etwas weiter nach Norden. Schon zu dieser Zeit also befand sich die Wittstocker Burg im Besitz der Havelberger Kirchenfürsten. Am 13. September 1248 kommt Bischof Heinrich I. dann den Bitten der Bürger nach und verleiht das Stendaler Stadtrecht. Ein Siegel der Stadt ist erstmals aus dem Jahr 1251 überliefert. Damit handelt es sich um eins der ältesten bekannten in der Mark überhaupt. Das rasterförmige Straßennetz deutet wie vielerorts auf die planmäßige Anlage Wittstocks hin. Ungeklärt bleibt, warum die Pfarrkirche, erst St. Martin und dann der Heiligen Jungfrau Maria geweiht, einen ganzen Häuserblock von Markt und Rathaus getrennt ist. Das Patronat des Gotteshauses wird jedenfalls 1275 an das Havelberger Domkapitel übertragen. Dem gleichen Jahr in dem Bischof Heinrich II. das Marktrecht an die Bürger verkauft und die Bildung von Innungen gestattet. So erscheinen dann in der 1. Hälfte des 14. Jahrhunderts Tuchmacher (1325), Lehrer 1328) und Gewandschneider (1333). Auch die Kriminalgerichtsbarkeit geht in dieser Zeit vom bischöflichen Vogt an den Rat. Dazu wächst auch der Landbesitz der Stadt. Gleichzeitig dürfte auch die Burg als Residenz der Bischöfe mit zahlreichem Gefolge und die Abhaltung von Synoden und anderen Veranstaltungen eine nicht zu unterschätzende Einnahmequelle der Bürger gewesen sein.
Die noch heute größtenteils erhaltene Stadtbefestigung integriert im Süden die bischöfliche Burg in ihren Verlauf. Aber das Verhältnis zwischen Bürgern und Kirchenherren war durchaus wechselhaft. So schenkte Bischof Conrad 1413 den Frauen seiner liven getruwen Börger to Witstock den Rosenplan vor dem Gröper Tor im Norden. Als jedoch Bischof Gans zu Putlitz 1480 die Vorkaufsrechte an den städtischen Wassermühlen beanspruchte, planten die aufgebrachten Bürger den Sturm auf die Burg, was angeblich den Burgherren dazu veranlasst haben soll, Kanonen – die neuen Wunderwaffen des späten Mittelalters – von der Plattenburg herbeizuschaffen. Johann Cicero, Hohenzoller und Regent der Mark, beendete den Streit mit einer Entscheidung zu Ungunsten der Stadt. Allerdings gab Bischof Buso 8 Jahre später den Bürgern die Mühlen zurück.
Natürlich gab es auch die verschiedensten Katastrophen wie z.B. ein Erdbeben am 23. August 1410 oder den Stadtbrand von 1495. Doch insgesamt blühte der Ort, was auch die bis heute erhaltenen mittelalterlichen Bauten und seine Ausdehnung innerhalb des Mauergürtels deutlich zeigen.
Doch dann kam auch hier die Reformation zum Tragen. Nachdem der letzte Bischof 1548 auf der Burg gestorben war endete die Herrschaft der Kirchenherren zwei Jahre später.
Eine gewisse Berühmtheit erlangt die Stadt an der Dosse noch durch die während des Dreißigjährigen Krieges 1636 stattgefundene Schlacht am Scharfenberg. Kaiserlichen und kursächsischen Truppen wurde hier von den Schweden eine Niederlage bereitet. So bildet dieser verheerende Krieg auch den thematischen Schwerpunkt des Museums in der ehemaligen Bischofsburg während am Ort des Geschehens südwestlich der Stadt eine Aussichts- und Gedenkplattform inmitten des früheren Schlachtfelds zum Besuch einlädt.
Sicher eine Folge des Krieges war der Pestausbruch von 1638, dem gut die Hälfte der Bevölkerung zum Opfer fiel. Ein 1750 wütender Brand legte zwei Drittel Wittstocks in Schutt und Asche. Aber die Stadt erholte sich wieder von all dem Unbill. Kolonisten aus der Pfalz und Württemberg glichen in und um Wittstock die herben Verluste wieder aus. 1826 wird hier die erste Zeitung der Prignitz gedruckt, 1869 ein Gymnasium gegründet und 1885 kommt der Anschluss ans rasant wachsende Bahnnetz.

nach:

Georg Dehio und Gerhard Vinken, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Brandenburg. 2000.
Die Kunstdenkmäler der Provinz Brandenburg. 1.2. Ostprignitz. 1907.
Wikipedia

 
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