Landkreis Prignitz
In der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts weitet der Askanier Albrecht der Bär, bereits im Besitz der Altmark, seine Macht in die Gebiete jenseits der Elbe aus. Verbündet mit ihm ist auch das Adelsgeschlecht derer von Gans, die unter seiner Lehnshoheit bald den größten Teil der Westprignitz beherrschen. Zur territorialen Absicherung wird ein Netz von Burgen an strategisch wichtigen Plätzen angelegt bzw. slawische Vorgänger weiter genutzt und ausgebaut. So geschieht es auch an der Einmündung des Flüsschens Stepenitz in die Elbe. Wittenberge wird der Name des Platzes, wohl ein Verweis auf die hell leuchtende Farbe des Schwemmsandes in seiner Umgebung.
Ursprünglich lag die Burg dort, wo heute die Eisenbahn- und Straßenbrücke den Strom überspannt. Aber wohl noch vor der Wende zum 13. Jahrhundert wurde sie an ihren späteren Platz nördlich der in ihrem Schutz entstehenden Stadt verlegt. Diese erstreckte sich als langgezogene Ellipse bis ans Ufer der Elbe, von wo aus ein Fährbetrieb zum anderen Ufer bestand. Interessant ist dabei die Ähnlichkeit mit dem frühen Perleberg, dass eine ähnliche Form, Ausrichtung sowie ebenfalls die Burg im Norden aufweist.
Eine Urkunde des Jahres 1239 erwähnt einen prepositus de uittenberge – Propst von Wittenberge und ist die erste wirklich gesicherte Nennung des Platzes in den schriftlichen Quellen. Sieben Jahre später erscheint ein Johannes dictus Gans de Wittenberge – Johannes genannt Gans von Wittenberge. Hierbei dürfte es sich um einen der adligen Stadtherren gehandelt haben. Im 14. Jahrhundert verloren die Gänse vorübergehend die Macht über die Stadt an andere kleinere Adelsgeschlechter. Das Landbuch Kaiser Karl IV., entstanden um 1375, erwähnt einen landesherrlichen Vogt zu Wyttenberge und den Betrag von rund 18 Pfund Silber, den die Bürger jährlich zu entrichten hatten. 1409 dann geht die Stadt zurück an die Familie Gans und bleibt bis 1808 in deren Besitz.
Da der Großteil der Wittenberger Häuser in Mittelalter und früher Neuzeit aus Holz bestand fanden die immer wieder ausbrechenden Stadtbrände, überliefert sind die von 1686 und 1757, reichlich Nahrung. Dies dürfte auch der Grund sein, dass sich mit Ausnahme des Steintorturms nichts von der mittelalterlichen Bausubstanz erhalten hat. Nur das Straßennetz spiegelt noch den Umfang der ursprünglichen Stadt.
Beim Steintorturm handelt es sich um einen in zwei Phase errichteten Backsteinbau, der das nördliche nach Perleberg weisende Stadttor schirmte. Sein Erdgeschoss wurde wohl bereits zu Beginn des 13. Jahrhunderts errichtet, wie das dabei verwandte Ziegelformat nahe legt. Der Laufhorizont liegt heute ca. 80 cm höher, wodurch das scheinbar niedrige Erscheinungsbild des Tores herrührt. Dem folgte dann, vielleicht um die nächste Jahrhundertwende, der obere Teil mit seinem Blendgiebel. Restaurationsarbeiten wurden in den Jahren 1925 und 1998/99 durchgeführt.
nach:
Die Kunstdenkmäler der Provinz Brandenburg. 1.1. Kreis Westprignitz. 1909.
Georg Dehio und Gerhard Vinken, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Brandenburg. 2000.
Reinhard E. Fischer, Die Ortsnamen der Länder Brandenburg und Berlin
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