Zinna – Zisterzienser

Landkreis Teltow-Fläming

Zinna_Abts_und_Siechenhaus
Siechenhaus, Neus Abtshaus und ganz rechts das Pfarrhaus, dessen ursprüngliche Funktion unklar ist

Drei Mächte sind es hauptsächlich, die in die slawisch besiedelten Gebiete zwischen Elbe und Oder vorstoßen: Aus dem Süden dringen, gestützt auf die Burg Meissen, die Wettiner vor, vom Westen über die Brandenburg die Askanier und dazwischen versucht das starke Erzbistum Magdeburg ein eigenes Herrschaftsgebiet im Fläming zu begründen. Dies gelingt auch um Jüterbog, Luckenwalde und Dahme. Um das Erworbene abzusichern stiftet Erzbischof Wichman 1170 ein Zisterzienserkloster nahe dem Dorf Zinna. Der Name slawischer Herkunft gibt einen Hinweis auf die dort anzutreffenden Naturgegebenheiten. Es ist eine Gewässerbezeichnung und tatsächlich bildet zu dieser Zeit die Nuthe im Norden Jüterbogs ein großflächiges Sumpfgebiet.
Auch politisch war die Lage nicht unbedingt die günstigste. Noch schienen sich die einheimischen Slawen nicht mit der Unterwerfung unter die Gewalt deutscher christlicher Herren abgefunden zu haben. So verwüsteten einfallende Pommern und aufständische Wenden 1179 das gerade erst in seiner Entstehung begriffene Kloster. Selbst der Abt soll dabei zu Tode gekommen sein. All diese Widrigkeiten scheinen dazu beigetragen zu haben, dass die ersten Jahrzehnte der Zisterze nicht unbedingt eine Erfolgsgeschichte waren. 1195 sieht sich die Generalversammlung des Ordens in Citaux veranlasst, die Zinnaer Brüder aufzufordern, ihre Bettelei im benachbarten Jüterbog einzustellen.

 

Doch bald soll die Zeit eines herausragenden Wohlstands kommen. Spätestens seit den 20er Jahren des 13. Jahrhunderts scheinen sich die ökonomischen Verhältnisse zu stabilisieren. Nach 1230 kommt das Kloster zu Besitz auf dem Barnim. Dazu zählen auch, als Quelle gesicherter Prosperität, die Rüdersdorfer Kalksteinbrüche. Von welchem der konkurrierenden Landesherren der Segen kam, lässt sich nicht mehr ermitteln. Vielleicht spielten die frommen Brüder beim Erwerb von Dörfern, Mühlen und lukrativen Rechten auch die einzelnen Parteien schlau gegeneinander aus. Auf dem Barnim jedenfalls setzten sich die Askanier gegen Wettiner und Pommern durch und bestätigten 1247 den Mönchen ihre Besitzrechte. Diese sind nun oft genug wichtige Mittler zwischen den Brandenburger Markgrafen und dem Magdeburger Erzstift. Das sichert einiges an politischem Einfluss. 1285 kaufen sie den Burgort Luckenwalde und dehnen zu Beginn des 14. Jahrhunderts ihre Besitzungen auf gut 300 Quadratkilometer aus.
Aber Macht und Besitz korrumpieren. Im Lauf der Zeit lockern sich wie überall die Klostersitten – eins der Krisenzeichen des ausgehenden Mittelalters. Und so kommt auch für die Zinnaer Zisterzienser das Ende mit der Reformation zu Beginn des 16. Jahrhunderts. Zwar versucht das Kloster standhaft dem Protestantismus seiner Umgebung zu trotzen, doch 1553 gibt Valerian, letzter Abt vor Ort, der schon das Ende Lehnins erlebte, auf. Zusammen mit seinen Mönchen verlässt er das Kloster. Dessen Besitz geht an die jeweiligen Landesherren – ein fetter Happen für die Hohenzollern auf dem Barnim. Zinna selbst bleibt noch bis 1680 bei Magdeburg, fällt dann aber, als Folge des Dreißigjährigen Kriegs, ebenfalls an die nördlichen Nachbarn.
Zu dieser Zeit ist es ein ansehnlicher Gebäudekomplex bestehend aus Stiftskirche, Klausur und weiteren beeindruckenden Gebäuden der mittelalterlichen Backsteingotik. Doch zwischen 1766 und 1784 verschwindet ein großer Teil der Anlage. Friedrich der Große legt dicht neben dem ehemaligen Kloster eine Webersiedlung an – der Backstein wird gebraucht. Trotzdem haben sich wesentliche der zwischen Mitte des 13. und Beginn des 16. Jahrhunderts errichteten Gebäude gut bis sehr gut erhalten.

 

Da ist vor allem die Klosterkirche St.-Maria, einer der wenigen noch vorhandenen hochmittelalterlichen Großbauten aus Feldstein, wie sie einst Mittelpunkt jeder größeren entstehenden Stadt in der Mark waren. Die dreischiffige Basilika mit Querschiff im Osten weist äußerlich keinerlei Schmuckelemente auf. Bemerkenswert ist ihr qualitätsvolles Mauerwerk. Jeder einzelne Stein des schwer zu bearbeitenden Granits wurde an fünf Seiten sorgfältig zurechtgehauen und dann akkurat in die sauber gefügten Lagen gesetzt. Zinna ist, ausgehend von einem Beginn der Arbeiten an der Kirche in den 1220er Jahren, so auch ein wichtiger Datierungspunkt für alle anderen noch erhaltenen Feldsteinbauten in Brandenburg einschließlich der zahlreichen Dorfkirchen.
Dort wo sich im Süden die Klausur anschloss, wurde bedeutend weniger Aufwand betrieben, da diese Partien von den Gebäudeteilen aus Backstein verdeckt wurden. Deutlich sind noch die Ansätze der Bögen des Kreuzgangs zu erkennen.
Von den Klausurgebäuden, die sich wie üblich um einen quadratischen Hof gruppierten, ist außer dem nördlichen Teil des Westflügels nicht geblieben. Hier waren einst die Konversen, d.h. die minderen Brüder, deren Hauptaufgabe in körperlicher Arbeit für den Konvent bestand, untergebracht. Auch bei den um die Mitte des 13. Jahrhunderts entstandenen Gebäuden finden sich die Bogenansätze zum Kreuzgang noch.
Jüngeren Datums und ebenfalls aus Backstein ist eine Gruppe von drei weiteren Bauten im Südwesten des Komplexes. Ihre beiden blendengeschmückten Giebeln wurden neben der spätromanischen Basilika zu Zinnas Wahrzeichen.
Das ehemalige Siechen- und Gästehaus mit seinem neuzeitlichen Giebeltürmchen dient heute im Untergeschoss als Schaubrennerei. Hier kann man die Entstehung des kräftigen Zinnaer Klosterlikörs miterleben und diesen natürlich auch probieren.
Baulich mit dem Siechenhaus verbunden ist das Neue Abtshaus mit seinem reichgeschmückten Staffelgiebel. Vom Gebälk des hohen Satteldachs stammt das Dendrodatum 1433. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wurde also das Gebäude errichtet. In den beiden kreuzrippengewölbten Stockwerken ist das Klostermuseum untergebracht.
Besonders bemerkenswert sind hier die zwischen 1958 und 1961 freigelegten Wandmalereien. Treten sie im Saal des Erdgeschosses nur als Diestelornamente an der Decke in Erscheinung so findet sich in den Räumen darüber ein reichhaltiger figürlicher Wandschmuck. In der ehemaligen Abtskapelle breitet die heilige Ursula schützend ihren weiten Mantel aus und Anna, die Mutter Marias, trägt als Anna selbdritt, ein im späten Mittelalter beliebtes Motiv, Tochter und Enkel auf ihren Armen. Heilige wie Andreas, Sebastian, Bernhard und Mauritius ergänzen die Darstellung. Datiert wurden diese Malereien in die Zeit um 1450/60.
Drittes Bauwerk, und durch einen Torbogen mit den beiden anderen verbunden, ist das Pfarrhaus, ehemals vielleicht die Küche der Abtei. Die Vorhangbogenblenden seines Südgiebels stammen von einem Umbau zu Beginn des 16. Jahrhunderts.

nach:

Georg Dehio und Gerhard Vinken, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Brandenburg. 2000.
Oliver H. Schmidt und H. Jürgen Feuerstake (Hrsg.), Die Zisterzienser und ihre Klöster in Brandenburg. 2005.
Heinz-Dieter Heimann, Klas Neitmann, Winfried Schich, Brandenburger Klosterbuch. Handbuch der Klöster, Stifte und Kommenden bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts. 2007

 
und nah dabei:

Hinweis2

Dorfkirche Neuheim (Zinna)
Dorfkirche Werder (Teltow-Fläming)

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