Wer sich dem Zentrum des Vorflämingstädtchens Loburg aus Richtung Osten kommend nähert, stößt zur Linken auf einen kleinen Park. Seltsame Mauern scheinen sich dort zu erheben und formen gemeinsam mit Sträuchern und Bäumen ein doch ziemlich romantisches Bild. Kurz gesagt ist es die Ruine einer spätromanischen Basilika, wie sie in Grundriss und Größe im 12. und 13. Jahrhundert auch in Lindau, Möckern und Gommern errichtet wurden. Und auch die heutige Pfarrkirche Loburgs, dem Heiligen Laurentius geweiht und im Stil der Renaissance verändert und größtenteils verputzt, war ursprünglich ein solcher Bau. Doch wie kommt es, dass wohl ungefähr gleichzeitig nur knapp 800 m Luftlinie voneinander entfernt zwei ähnliche Gotteshäuser entstehen, die beide auf städtische Ambitionen der Bauherren deuten?
Wie überall sind die schriftlichen Nachrichten aus dem Hochmittelalter mehr als spärlich. Erst 1562 taucht das geheimnisvolle Bauwerk in einem Visitationsprotokoll auf. Und schon damals ist es die wuste K. vorm thore. Wuste=wüst – Ruine also und außerhalb der Stadtbefestigung, von der heute nur noch der Münchentorturm am Barbyschen Rittergut geblieben ist. Gutsküche und Barbycafé laden jetzt dort zu Stärkung und Entspannung ein.
Loburg selbst erscheint sehr früh, nämlich bereits im Jahr 965, in den schriftlichen Quellen. Da schenkt Kaiser Otto II. die civitas Luburn dem Magdeburger Mauritiuskloster. Sehr wahrscheinlich haben wir es mit einer der zahlreichen slawischen Burgen zu tun, die im 10. Jahrhundert zu deutschen Burgwarden umfunktioniert wurden um die im Zuge der ersten Phase der deutschen Ostexpansion gewonnenen Territorien abzusichern. 1115 wird ein praefectus Priborn erwähnt. Wie am Namen zu erkennen ein Mann slawischer Abstammung, der in Loburg Verwaltungsaufgaben wahrnahm. Dies ein wertvoller Hinweis darauf, welche Rolle – man denke dabei auch an Pribislaw-Heinrich von Brandenburg oder das Mecklenburger Fürstengeschlecht – der slawische Adel beim Landesausbau zwischen Elbe und Oder spielte. In den folgenden Jahrzehnten tauchen nun immer wieder Personen von Stand auf, die den Namen des Platzes führen. In diesem Zusammenhang und als Besitzer von Gütern bei der Burg erscheinen u.a. die Alsleben, Wulffen und Barby.
Unbedingt erwähnt werden müssen auch die Lehniner Zisterzienser. 1207 bekommen sie einen freien Hof bei Loburg wo die Mönche einen Grangie, einen Wirtschaftshof, einrichten. Ein Vorgehen, dass gerade für diesen Orden der bei seinen Tätigkeiten großen Wert auf landwirtschaftliche Arbeiten legt, typisch ist. So leisten die frommen Brüder einen wesentlichen Beitrag zum hochmittelalterlichen Landesausbau. Und ihr Besitz wächst im Lauf der Jahrhunderte was auch zu Konflikten mit den Bürgern der Stadt Loburg führt.
Aus den Quellen geht hervor, dass im Schatten der Burg zwei völlig unabhängige Dörfer mit eigenen Kirchen existieren: Möckernitz und Ziemitz. Diese werden dann zur Stadt Loburg vereinigt, wobei Ziemitz vor der nun errichteten Stadtmauer liegt und samt seiner Kirche aufgegeben wird.
Das nun ist es mehr oder weniger, was uns die doch mageren Quellen berichten und was das heutige Auge wahrnimmt. Die wuste Kirche vorm thore ist aber eben sowenig eine Dorfkirche wie der Ursprungsbau der heutigen Pfarrkirche. Und beide sind ungefähr zeitgleich.
Allem Anschein nach entwickelten sich im Weichbild der Burg zwei Siedlungen unter der Hand konkurrierender Adelshäuser. Dabei hatten beide das ökonomische Potential um zur Stadt aufzusteigen. Möckernitz, auch näher an der Burg gelegen schaffte es dann letztendlich. Damit hätten wir hier eine Besonderheit im Stadtentstehungsprozess dieser Zeit, der sich so mehr als deutlich in der erhaltenen Bausubstanz spiegelt.