Landkreis Vorpommern-Greifswald
Gut 3 km nördlich der Ortschaft Rothenklempenow, westlich der von Löcknitz kommenden Landstraße 228, liegt, ziemlich abgeschieden, der Latzigsee. Das von Schilf umgebenen Gewässer erstreckt sich über eine Fläche von ungefähr 43 ha und misst in seinen größten Ausdehnungen 1260 x 490 m. An seinem langgestreckten Nordwestufer trifft man auf eine Informationstafel sowie eine Reihe älterer Holzstege, die bis ans Wasser führen.
Im Herbst 1977 entdeckte der ehrenamtliche Denkmalpfleger J. Zagler hier einen Platz mit vorzeitlichem Fundmaterial. Weiß man heute, wonach Ausschau zu halten ist, dann fallen dem geübten Auge auch tatsächlich die leicht erhöhten und trockener wirkenden Dünenbereiche in den Feld- und Weideflächen im Nordwesten auf. Ein wenig erinnern sie an die so ergiebige Fundstelle bei Friesack in Brandenburg. Und tatsächlich sollten die nun folgenden, teilweise sehr intensiven Untersuchungen auf diesem Platz bemerkenswerte Ergebnisse bringen.
Im Anschluss an die Entdeckung wurden Reihe von Begehungen durchgeführt, denen auf Grund der landwirtschaftlichen Nutzung des Geländes im Jahr 1983 eine Rettungsgrabung folgte. Dem schloss sich dann eine bis in die Neunziger reichende achtjährige Grabungskampagne jeweils in den Sommermonaten an.
Gefunden wurden mehrere Schichten, deren älteste bis in die Mitte des 8. Jahrtausends v. Chr. zurückreicht. Zu dieser Zeit lagerten hier die Menschen des Mesolthikums, der mittleren Steinzeit, die ihren Lebensunterhalt durch Jagen, Sammeln und Fischen bestritten. Von ihnen fanden sich reichlich Geräte und Werkzeuge aus Feuerstein, Knochen und Geweih. Besonders interessant war der erste Fund von aus Weiden- und Eichenbast geknüpften Netzresten in Mecklenburg-Vorpommern. Dazu kamen noch jede Menge Fischabfälle, Tierknochen – z.B. vom Ur – aber auch 2 menschliche Schädelschalen.
1988 geschah Bemerkenswertes. An der höchsten Stelle des Dünenzuges, in ca. 1 m Tiefe, stieß man auf menschliche Schädelknochen. Die Wichtigkeit der Entdeckung richtig einschätzend, bargen die Forscher den Fund im Block und sandten ihn nach Potsdam wo er genauer untersucht wurde. Dabei kam das als sitzender Hocker bestattete Skelett einer ungefähr 50 Jahre alten Frau ans Tageslicht, wohl die bisher älteste bekannte Bestattung in Mecklenburg-Vorpommern. Zeitlich wird der Befund wahrscheinlich ans Ende des Mesolithikums einzuordnen sein.
Der Latzigsee zog jedoch nicht nur die Menschen der mittleren Steinzeit an. Auch die Ackerbauern und Viehzüchter der Trichterbecherkultur (ca. 4200-2800 v. Chr.) hinterließen hier ihre Spuren genauso wie die slawische Bevölkerung.
nach:
Sigrid Schacht, Ausgrabungen auf einem Moorfundplatz und zwei Siedlungsplätzen aus dem Mesolithikum/Neolithikum im nördlichen Randowbruch bei Rothenklempenow, Kr. Pasewalk
Vorbericht
Ausgrabungen und Funde 38, 1993, 111-119
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