Hohengüstow

Landkreis Uckermark

Eine der ältesten, vielleicht die älteste, Backsteindorfkirche in der Uckermark: Ansicht von Süden
Eine der ältesten, vielleicht die älteste, Backsteindorfkirche in der Uckermark: Ansicht von Süden

Heinrich von Musheym, Knappe des Ritters Ulrich von Lochen auf Boitzenburg, verpfändet im Jahr 1365 die Bede in villa Gustow (im Dorf Gustow) an Prenzlauer Bürger. Zu diesen gehört auch ein Henning Hoppe, der dann ein Jahrzehnt später, 1375, im Landbuch Kaiser Karl IV. als Bedebesitzer in Gustow prope Gramsow, auftaucht. In solch einfachen Vorgängen spiegelt sich ein für das späte Mittelalter typischer Prozess: Die wachsende Geldnot des Adels und der Aufstieg städtischer Schichten. Teil dieser Krisenerscheinung ist auch die starke Zersplitterung des ländlichen Besitzes. Familien aus Prenzlau besitzen allein 16 Freihufen im Dorf, Hermann von Blankenburg 4. Dazu kommen noch weitere Ansprüche verschiedener Personen auf Bede- und Pachtzahlungen. Von insgesamt 48 Hufen sind allein 20 freie Ritterhufen, 2 weitere dienen dem Unterhalt der Pfarrstelle. Der Rest gehört den Bauern, ist aber nur zur Hälfte besetzt. Sämtliche Kossätenstellen sind frei, Mühle und Krug liegen wüst. Die Kämpfe um die Uckermark im 14. Jahrhundert haben die einst blühenden Landschaften an den Rand des Ruins gebracht. Gab es am Ende des Mittelalters eine Erholung, so verblieben nach dem Dreißigjährigen Krieg ganze 2 Bauern und 2 Kossäten im Ort.

Hohengüstows Gotteshaus, gelegen auf dem Friedhof, besteht aus schiffsbreitem, querrechteckigem Westturm und Schiff mit geradem Ostabschluss. Auf der Westseite des Turms trifft man auf eine neuzeitliche Bahrenkammer, im Süden auf eine kleine Eingangshalle. Während der Turm vollständig verputzt ist, liegt das Backsteinmauerwerk von Saal und Beinhaus und Südvorhalle frei. Das Turmoberteil ist eingezogen und schließt mit einem geknickten Spitzhelm. Turm und Saal umzieht ein Feldsteinsockel mit Formsteinphase, bei der auch schwarz glasierte Ziegel zum Einsatz kamen. Das Mauerwerk des Saal zeigt den für das Mittelalter typischen Brandenburger Verband, bei dem auf einen Binder jeweils zwei Läufer folgen. Unterhalb des Gesimses umzieht den Bau ein oft auch als Zahnfries bezeichnetes Deutsches Band.
Die ursprünglichen Zugänge lagen wohl beide auf der Südseite. Allerdings ist das frühere Gemeindeportal heute zugesetzt. Es liegt als gestuftes Rundbogenportal in einem vorspringenden Rechteck. Die Priesterpforte, ebenfalls rundbogig, verbirgt sich hinter dem Südanbau. Diese Formen wurden teilweise bei den neogotischen Zugängen zur Turmhalle und zum Beinhaus im Westen übernommen.
Bei den Gewänden der seitlichen Fenster kam Rundstab zum Einsatz. Ursprünglich reichten sie nur bis zum umlaufenden Sohlbankgesims, wurden aber neuzeitlich nach unten verlängert. Im westlichen Bereich der Nordseite lässt sich ein vermauertes Fenster beobachten, dass durch den neuzeitlichen Anbau geschnitten wird. Im Osten trifft man auf die übliche Dreifenstergruppe. Gestaffelt liegt sie hier in einer großen Spitzbogenblende, einer Form, wie sie sich auch mehrfach an Prenzlauer Bauten sowie weiteren ländlichen Kirchen der Umgebung beobachten lässt. Die Staffelung wiederholt sich bei den drei großen Rundbogenblenden im Giebel darüber. Auffällig ist hier das durch die Backsteine gebildete Fischgrätenmuster als Grund.
Oft wird das Bauwerk als älteste Backsteindorfkirche der Uckermark angesprochen und in die 2. Hälfte bzw. an das Ende des 13. Jahrhunderts gesetzt. Allerdings gibt es auch widersprüchliche Meinungen zur Datierung der kleineren Kirche in Fergitz am Oberuckersee, denn auch sie könnte noch aus dieser relativ frühen Zeit stammen. Klar ist, dass der aufwändige Hohengüstower Bau zum Kreis ähnlicher Kirchen im Umfeld des Klosters Gramzow – aber auch der Stadt Prenzlau – gehört. Hier fanden sich sowohl die Ziegelbrennereien und als auch die Fachleute, welche in der Lage waren, diese für den Norddeutschen Raum neue Technologie anzuwenden.
Barocke Veränderungen betrafen wohl hauptsächlich nur den Turm. Dieser wurde verputzt und bekam 1712 seinen achteckigen Spitzhelm. In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts verlängerte man die Fenster und fügte die Bahrenkammer an.

nach:

Die Kunstdenkmäler der Provinz Brandenburg. III, 3. Kreis Angermünde. 1934.
Georg Dehio und Gerhard Vinken, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Brandenburg. 2000.
Reinhard E. Fischer, Die Ortsnamen der Länder Brandenburg und Berlin. 2005

Zeitreisen in der Mark Brandenburg und anderswo …