Landkreis Oberhavel

Die Gier einer Wirtin soll angeblich Anlass gewesen sein für die Gründung des Zisterzienserinnenkloster von Zehdenick. Um ihren Umsatz zu steigern habe diese eine geweihte Hostie in einen Klumpen Wachs gedrückt und diesen vor dem Bierfass in ihrer Schankstube vergraben. Doch dann begann sie ihr Gewissen zu plagen. Sie gesteht und man gräbt an der von ihr bezeichneten Stelle. Zu Tage kommt blutige Erde. Rutger, Bischof von Brandenburg und auch die Markgrafenbrüder Johann und Otto nehmen das in Augenschein. Schnell ist man sich einig: Ein Wunder hat sich ereignet, Grund genug ein Kloster zu gründen. Dies geschieht schon ein Jahr später und so entsteht südöstlich Zehdenicks, außerhalb der heute vollkommen verschwundenen Stadtbefestigung ein Nonnenkloster. So eine Gründung ist ein prestigeträchtiges Werk vor Gott und den Menschen und verbunden mit einer Wallfahrt auch eine einträgliche Angelegenheit.
Allzu viel verzeichnen die Quellen sonst nicht über das Wirken des dortigen Zisterzienserinnen. Das Kloster liegt nördlich genug um in den unruhigen Zeiten des 14. Jahrhunderts Mecklenburger und Pommernsche Begehrlichkeiten zu erwecken und einer Reihe von Überfällen ausgesetzt zu sein.
Erst über sein Ende haben wir wieder genaue Nachrichten. Und da schließt sich der Kreis. War es eine erhoffte Steigerung des Bierkonsums, die eine Wirtin zum Hostienfrevel verführte, so waren es eben die Auswirkungen derartigen Treibens, welche die Visitatoren während der Reformation in ihrem Bericht eindrücklich schildern:
Danach wäre es die Aufgabe der Klöster Orte von Zucht und Stille, in denen das Wort Gottes gepredigt werde
und nicht leichtfertigkeit und vollsaufen und aus- und einlaufen oder dgl. getrieben soll werden, wie wir dann die zeit, (da) wir aldo gewesen, etliche volle trunkene und unbescheidene leute sahen ein und ausgehen.
So kommt 1541 das Ende. Das von Kurfürst Joachim II. festgelegte Prozedere wird zum Vorbild für die Auflösung anderer Frauenklöster. Der Grundbesitz fällt an den Staat, die Anlage besteht als Damenstift weiter. Schwere Schäden bringt der Dreißigjährige Krieg in dem auch das Klosterarchiv verloren geht. Mehrfach wird umgebaut. Ein Stadtbrand vernichtet 1801 die Kirche. Auf ihren Resten wird das heutige Dominat errichtet. Zeitweilig sind in Teilen der Gebäude nach 1945 Flüchtlinge untergebracht.
Heute befindet sich hier ein Seniorenheim für Kirchenmitarbeiter und die Klostergalerie mit einer Ausstellung zur Stiftsgeschichte. Die Klosterscheune ist als Kulturscheune Veranstaltungsort.
Große Teile der Zehdenicker Klosteranlage sind erhalten geblieben. Am markantesten ist dabei sicher der ungewöhnlich große Ostflügel. Der langgestreckte einschiffige Feldsteinbau aus der Anfangszeit des Kloster könnte durchaus die Funktionen in sich vereinigt haben, die sonst den anderen üblicherweise um den Kreuzgang gruppierten Flügeln vorbehalten waren. Denn tatsächlich sind für eine 1. Bauphase im späten 13. Jahrhundert nur dieser Trakt, die Kirche und der südliche Bereich der sogenannten Klosterscheune nachgewiesen. Dreifenstergruppen an den Schmalseiten und mehrere große Spitzbogenportale sorgen hier für ein repräsentatives Erscheinungsbild.
Die Stiftskirche, ebenfalls ein Felsteinbau, bestand aus Schiff und eingezogenem Chor und war ursprünglich wohl nicht mit dem Ostbau verbunden. In den Jahren 1768-76 erneuert, fiel sie 1801 einer Brandkatastrophe zum Opfer und wurde nicht wieder aufgebaut. Über den Fundamenten ihres Chors erhebt sich heute das Dominat, das Haus der Stiftsvorsteherin.
Scheinbar gleichzeitig entstanden in der 2. Hälfte des 14. oder zu Beginn des 15. Jahrhunderts der Nord- und Westflügel als Backsteinbauten. Davon ist der Nordflügel am besten erhalten und wird jetzt von der Diakonie und als Wohnraum genutzt. Im davor liegenden Kreuzgang befindet sich ein Dauerausstellung zur Geschichte des Klosters. Bemerkenswert sind hier besonders die Verzierungen auf den Konsolen und Schlusssteinen des Kreuzrippengewölbes.
Vom Westflügel hat sich nur der Kreuzgang und das darüber liegende Stockwerk erhalten. Der sich im Nordwesten anschließende und den Klostergarten begrenzende Mauerzug könnte einst zur Klosterbrauerei gehört haben.
Ebenfalls zu Beginn des 15. Jahrhunderts entstand die Klosterscheune. Wobei der jetzigen Name nicht darüber hinweg täuschen sollte, dass die vormalige Funktion des Bauwerks nicht bekannt ist. Das Bauwerk aus unregelmäßigem Feldsteinmauerwerk kann Konversenhaus (für Laienschwestern, welche die eigentlichen Arbeiten verrichteten), Hospital oder Pilgerherberge gewesen sein.
nach:
Georg Dehio und Gerhard Vinken, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Brandenburg. 2000.
Oliver H. Schmidt und H. Jürgen Feuerstake (Hrsg.), Die Zisterzienser und ihre Klöster in Brandenburg. 2005.
Heinz-Dieter Heimann, Klas Neitmann, Winfried Schich, Brandenburger Klosterbuch. Handbuch der Klöster, Stifte und Kommenden bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts. 2007